1 BGE 138 III 94 - Bundesgerichtsentscheid vom 16.01.2012

Entscheid des Bundesgerichts: 138 III 94 vom 16.01.2012

Hier finden Sie das Urteil 138 III 94 vom 16.01.2012

Sachverhalt des Entscheids 138 III 94

Ein Zwischenentscheid über die Zuständigkeit im Sinne von Art. 92 BGG kann nicht sofort angefochten werden, da dies zu einem unerwünschten Nachteil führen würde und der Bundesgerichtsverfassungsrecht restriktiv verhält. Die Kostenfolgen des Zwischenentscheids können jedoch mit Beschwerde gegen den Endentscheid angefochten werden.

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Details zum Bundesgerichtsentscheid von 16.01.2012

Dossiernummer:138 III 94 - neu: 4A_168/2011
Datum:16.01.2012
Schlagwörter (i):ändig; Zwischenentscheid; Zuständigkeit; Bundesgericht; Zwischenentscheide; Endentscheid; Urteil; Anfechtung; Verfahren; Zivilsache; Zivilsachen; Zwischenentscheides; Unzuständigkeit; Bundesgerichts; Handelsgericht; Kostenpunkt; Anfechtbarkeit; Erwägungen; Unzuständigkeitseinrede; Sinne; Hinweisen; Grundsatz; Bezug; Ausstand; Fragen; Bundesgerichtsgesetz; Kostenfolgen; Urteilskopf; Auszug

Rechtsnormen:

BGE: 134 III 188, 133 III 629, 135 III 329, 135 III 566 , 134 I 159

Artikel: Art. 9 BGG , Art. 92 BGG , Art. 93 BGG , Art. 93 BGG , Art. 93 BGG

Kommentar:
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Entscheid des Bundesgerichts

Urteilskopf
138 III 94

14. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. X. gegen Handelsgericht des Kantons Zürich (Beschwerde in Zivilsachen)
4A_168/2011 vom 16. Januar 2012

Regeste
Anfechtung eines Zwischenentscheides über die Zuständigkeit ausschliesslich im Kostenpunkt (Art. 92 und 93 BGG).
Beanstandet eine Partei einen Zwischenentscheid über die Zuständigkeit ausschliesslich im Kostenpunkt, findet die Ausnahmeregelung nach Art. 92 BGG keine Anwendung. Die Anfechtbarkeit richtet sich vielmehr nach Art. 93 BGG (E. 2).
Ausnahmsweiser Verzicht auf die Erhebung von Kosten (E. 3).

Erwägungen ab Seite 94
BGE 138 III 94 S. 94
Aus den Erwägungen:
2. Die Vorinstanz hat die Unzuständigkeitseinrede der Beschwerdeführerin verworfen und damit einen selbstständig eröffneten Zwischenentscheid über die Zuständigkeit im Sinne von Art. 92 BGG gefällt (zum Begriff vgl. BGE 135 III 566 E. 1.1 S. 568 f. mit Hinweisen).
2.1 Vom Grundsatz, dass sich das Bundesgericht mit jeder Angelegenheit wenn möglich nur einmal befassen soll (BGE 134 III 188 E. 2.2 S. 191; BGE 133 III 629 E. 2.1 S. 631), sieht das Gesetz Ausnahmen vor, namentlich mit Bezug auf Zwischenentscheide über die Zuständigkeit und den Ausstand, die als solche angefochten werden können und müssen, da im Rahmen der Anfechtung des Endentscheids nicht mehr darauf zurückgekommen werden kann (Art. 92 BGG). Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass prozessökonomische Gründe und
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die Parteiinteressen erheischen, über gewisse im Zwischenentscheid behandelte gerichtsorganisatorische Fragen endgültig zu entscheiden, bevor das Verfahren weiter geführt wird. Es soll einer Partei nicht die volle Prozessführung einschliesslich der Beweisführung bis zum Endentscheid zugemutet werden mit dem Risiko, dass die Gegenpartei das instanzabschliessende Urteil mit Aussicht auf Erfolg wegen Unzuständigkeit anficht und das gesamte Verfahren wiederholt werden müsste (UHLMANN, in: Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, 2. Aufl. 2011, N. 13 zu Art. 92 BGG; VON WERDT, in: Bundesgerichtsgesetz, 2007, Seiler/von Werdt/Güngerich [Hrsg.], N. 6 zu Art. 92 BGG; DONZALLAZ, Loi sur le Tribunal fédéral, 2008, N. 3283 zu Art. 92 und 93 BGG).
2.2 Mit Bezug auf die Frage der Zuständigkeit hat die Beschwerdeführerin den Zwischenentscheid des Handelsgerichts aber gerade nicht angefochten. Die in einem kantonalen Entscheid in einer Zivilsache ergangene Kosten- und Entschädigungsregelung kann zwar selbstständig mit Beschwerde in Zivilsachen angefochten werden, wenn, wie im zu beurteilenden Fall, bezüglich der Hauptsache die Beschwerde in Zivilsachen offensteht und dafür keine besonderen Verfahrenswege vorgeschrieben sind (BGE 134 I 159 E. 1.1 S. 160 mit Hinweisen). Die Gründe, die rechtfertigen, dass Zwischenentscheide über die Zuständigkeit nach Art. 92 BGG ausnahmsweise sofort anzufechten sind, entfallen aber, wenn die beschwerdeführende Partei die Zuständigkeit vor Bundesgericht nicht anficht. Für die Statuierung einer Ausnahme vom Grundsatz, wonach sich das Bundesgericht mit jeder Angelegenheit nur einmal befassen soll (BGE 134 III 188 E. 2.2 S. 191; BGE 133 III 629 E. 2.1 S. 631), besteht unter diesen Umständen kein Anlass, zumal die Ausnahme restriktiv zu handhaben ist.
2.3 Werden einzig die Kostenfolgen beanstandet, erscheint es nicht gerechtfertigt, Zwischenentscheide über die Zuständigkeit anders als andere Zwischenentscheide zu behandeln, in denen die Kostenverlegung auch erst angefochten werden kann, nachdem der Endentscheid ergangen ist (BGE 135 III 329). Der Anwendungsbereich von Art. 92 BGG ist teleologisch auf diejenige Fälle einzuschränken, in denen vor Bundesgericht Fragen der Zuständigkeit oder des Ausstandes thematisiert werden. Die blosse Anfechtung der Nebenfolgen der Abweisung einer Unzuständigkeitseinrede richtet sich daher nicht nach Art. 92 BGG, sondern wie bei jedem anderen Zwischenentscheid im Sinne des BGG nach Art. 93 BGG. Wird die Zuständigkeit nicht
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in Frage gestellt, können mithin, wenn keine Ausnahme nach Art. 93 Abs. 1 BGG gegeben ist, die Kostenfolgen des Zwischenentscheides über die Zuständigkeit beim Bundesgericht nur im Rahmen von Art. 93 Abs. 3 BGG mit Beschwerde gegen den Endentscheid angefochten werden (BGE 135 III 329 E. 1 S. 331 ff.; Urteil des Bundesgerichts 4A_128/2009 vom 1. Juli 2009 E. 1).
2.4 Dass der Beschwerdeführerin aufgrund der festgesetzten Höhe der Kosten des Zwischenentscheides ein nicht wieder gutzumachender Nachteil entstehen könnte (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG), ist namentlich mit Blick auf die spätere Anfechtbarkeit des Endentscheides nicht ersichtlich. Etwas anderes legt die Beschwerdeführerin auch nicht dar.
3. Damit erweist sich die Beschwerde als unzulässig, weshalb nicht darauf einzutreten ist. Da Art. 92 BGG nach seinem Wortlaut die sofortige Anfechtung der Zwischenentscheide über die Zuständigkeit verlangt und das Bundesgericht sich zu dessen Tragweite bis anhin nicht geäussert hat, erscheint angemessen, ausnahmsweise von der Auferlegung von Kosten für das Verfahren vor Bundesgericht abzusehen.

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